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Die Geschichte einer Emanzipation?
Nichts ist den Profitgeiern mehr heilig; vor nichts wird mehr zurückgeschreckt, sogar den Friedhof wollen Grundstücksspekulanten auslagern. Enea, die Totengräberin, verbündet sich mit einem Geschäftsmann, der sich im Besitz belastenden Materials über korrupte einflussreiche Politiker befindet; auch der Friedhofsdirektor ist in die Machenschaften verwickelt. Die brisanten Papiere soll Enea nun, angeleitet durch den Geschäftsmann, aus dessen ehemaligem Büro, in einem Kloster gelegen, entwenden. Dass sich dort dann ein Dieb und zwei Priorinnen, von denen eine, Enea, die falsche ist, begegnen, liegt in der Natur der Sache, führt aber zu argen Turbulenzen, zumal sich das Kloster als Klinik für Gehirn-Trepanationen entpuppt. Der Skandal droht zu einer politischen Affäre ungeahnten Ausmaßes zu werden... Dario Fo zieht alle Register, die eine skurrile Komödie italienischer Lebensart mit Wurzeln aus der Commedia dell arte bietet.
Nichts ist
so schlimm, als dass es von der Wirklichkeit nicht noch getoppt werden könnte. So etwa das Motto dieses
Stücks? Das Motto einer Komödie? Natürlich! Weidet sich doch die Komödie schonungslos an den Schwächen
des Menschen, des
Menschlichen, jenen Peinlichkeiten, die Mensch und Gesellschaft hervorbringen. Und dabei darf doch
herzlich gelacht werden, ohne dass dabei stetig der Verstand herbeibemüht werden müsste zumal
wenn es sich um eine Komödie
handelt, die zwar modern, doch ganz in der Tradition der Commedia dell arte die Wirklichkeit als
Füllhorn zu deren künstlerischer Gestaltung mit übersprühender Lebensfreude benutzt, zum Genuss und zur
Erbauung. Vielleicht um
das Widersinnige, das Groteske, in dem wir leben, besser auszuhalten? Denn stets lauert das Ab-gründige
im Hintergründigen, stets drängen Fragen nach den Gründen des Widersinnigen zur Auflösung. Denn das
Lachen, das die Komödie
erzeugt, bedeutet nicht nur eine Methode des Erleichterns, die Wirklichkeit auszuhalten, sondern auch
ein In-Zweifel-Ziehen und das hat durch-aus eine kritische politische Dimension, ganz wie das der
Autor Dario Fo gewollt hat.
Und so drängen die Fragen: Wie naiv ist Enea wirklich? Täuscht sie es nur vor oder verdrängt sie
die Realität? Verändert, emanzipiert sie sich?
Berthold Blaes |
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