Wolkenkuckucksburg
bewehrter, also sicherer, wunderbarer Ort der Utopie! - Jetzt dort sein, das wärs! Diese Träume begleiten
die Menschheit seit den Anfängen ihrer Geschichte. Und in Krisenzeiten sind sie verlockender denn je auch
fataler?!
In Aristophanes Komödie Die Vögel finden wir
Wolkenkuckucksburg als Leitbegriff und als Ort, den Menschen, ihre Welt hinter sich lassend, auf der
Suche nach dem absoluten Glück in einer neuen vollkommenen Welt erbauen wollen: eine Stätte,
eine Stadt im Reich der
Vögel, in den Lüften ein Versuch, der scheitert, scheitern muss.
Frei wie ein Vogel heißt es, und so scheint zunächst in Aristophanes Werk jene paradiesische Welt, jene
schöne Utopie auf, die aber schon bald, anders als
man es bei den niedlichen kleinen Vögelchen erwarten würde, vom Animalischen dieser Wesen bedroht und
getrübt wird. Animalisch warum? Den tierischen Wesen eigen ist offensichtlich eine natürliche,
instinktive Abwehr gegen den
Menschen und die von ihm ausgehende Bedrohung, gegen sein nur auf Unterdrückung und Ausbeutung
gerichtetes Handeln. Die Vögel, die stolz auf ihre archaische Einheit mit der Natur, die Leichtigkeit
und die Vorzüge ihres
Lebens, ihre Unschuld verweisen, haben eine schier grenzenlose Angst vor den Menschen, deren Verhalten
sich als das eigentlich Animalische in dieser Welt entpuppt - wiewohl die Vögel selbst den Verführungen
der Macht erliegen und
von der Gier Getriebene sind, angezogen davon, dass rundum alles euch gehört. Fataler kann der Blick
für die Geschichte nicht sein.
Aber vielleicht brauchen wir ihn doch, unentwegt, jenen märchenhaften Traum vom Glück, von
jener Utopie, der sich immerzu als vergeblich, wegen der menschlichen Schwächen, der Hybris, der Gier
gar als fatal erweist, über den wir aber bei Aristophanes scharf gezeichneter Satire wenigstens noch
lachen können, und das
nicht zu knapp: ein Lachen über unsre Schwächen. Obwohl die auch in heutiger Zeit angesichts der Krise
unserer Kultur alles andere als einen Grund zum Lachen bieten sollten das Lachen tut gut!
Immerhin halten die Vögel
zusammen, während die Menschen sich als komische Käuze entpuppen, unsolidarisch, einander nur benutzend,
gierig wie die Fliegen dort auftauchend, wo ein Geschäft gewittert wird und wo man einen
persönlichen Vorteil
ernten zu können glaubt. Und so steht der Mensch - trotz aller Versuche revolutionärer Erneuerung - am
Ende dort, wo er am Anfang bereits stand: Eine Diktatur löst die andere ab. Wie Aristophanes es schafft,
dass wir darüber auch
noch herzhaft lachen können, ist nur beim Besuch seines Theaters erlebbar
B. Blaes
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