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Theatertreffen Hannover 24. - 27. 11. 1989
War es das Bedürfnis, auch
einmal andere Theater-Schüler- Gruppen und ihre Arbeit kennenzulernen, oder auch die
Erwartung, dadurch
vergleichend das Niveau unserer eigenen Arbeit einzuschätzen zu können, in jedem Falle
aber das Vergnügen, als Theatergruppe etwas Gemeisames zu erleben, das uns aus der Pfalz zum
Schüler-Theater-Treffen in die
Stadt des Hochdeutschen, nach Hannover, trieb, natürlich auf Einladung.
Schon die Fahrt deutete darauf hin, dass unsere Truppe im eigenen Bus, so kurz
nach dem Fall der Mauer, nicht nur sämtlichen Trabbis
- schwerbepackt mit kiloweise Bananen auf der Heckablage - , sondern auch überhaupt allem
überlegen zu sein schien; vielleicht nicht zuletzt, weil wir aus dem Kreis der
Schon-Abiturienten mit Daria Stehl, (von einer
Schauspielschule aus Paris reimportiert), Alex Bach und Torsten Braun tatkräftige
Unterstützung erhielten (von den Brüdern Geil möchte ich gar nicht erst anfangen, ist ihr
Ruhm in unserer Schule doch schon derart groß,
dass sich jedes Wort erübrigt). Auf jeden Fall brachte uns die Hannover-Reise den
geschichtlich einmaligen Genuss, die erste Trabbi-Armada "live" zu erleben - die
Folge: Viele waren beeindruckt, manche
nachdenklich, einige diskutierten.
Schön geeint wurden wir in der
Kooperativen Gesamtschule ,,Friedrich Gauß' in einem
Klassenzimmer untergebracht. Blendend war auch die Organisation der Nahrungsaufnahme, wenn
dann auch niemand so genau wusste, woher wir denn eigentlich kamen, für die Nordlichter
jedenfalls von ganz weit südlich, auf
alle Fälle südlich von Kassel!
Der erste Abend begann sofort mit Aufführungen: Da gab es Musicals wie Porgy and
Bess", Alice im Wunderland", Theaterproduktionen wie Einer flog gegens
Kuckucksnest u.v.m. Als ebenso anziehend entwickelte sich aber auch ein sogenannt.
,,Kultur- und Kommunkations-Heurigen-Zentrum" namens "Alt-Wien" in der Nähe,
zu dem - von uns einmal als
Geheimtipp entdeckt - ein regelrechter Pendelverkehr einsetzte. Erfreulich aber die
Rücksichtnahme und das Sozialverhalten: Keine nächtliche Zecherei! Wer ab 22 Uhr pennen
wollte, fand die nötige Ruhe und wurde nicht
gestört. Man wuchs und reifte mit der Aufgabe!
Das dreitägige Treffen sah uns
am letzten Abend, quasi als Höhepunkt, mit
"Leonce und Lena" von Büchner vor. So konnten wir noch einen Maschsee-Eis
Hannover-Bummel machen, die einige, so auch ich, wunderlicherweise (oder auch nicht, weil
selbstverkalkuliert und -verschuldet) mit
einer Taixahrt beenden mussten. Dann hieß es aber doch endlich zur Besinnung kommen und den
Auftritt vorbereiten. Sehr beeindruckend die Proben in unserem Wohn-Schlaf-Klassenzimmer, wo
es uns in kooperativer Atmosphäre
mühelos gelang, zwei neue Rollenbesetzungen zu integrieren. Glücklicherweise hatten wir ein
abstraktes Bühnenbild und deshalb nicht die Probleme, die uns später in Erfurt
erwarten sollten.
Wir gerieten in jedem Falle in
die Bühnenbegeisterung, den Schwebezustand, der nur auf Brettern und vor Publikum zu spüren
ist - und
die Aufführung wurde ein voller Erfolg, ja, wir wurden gar von vielen, auch den Juroren, als
zu gut und nicht-normal für ein Schultheater befunden. Die verantwortlichen
Theater-Pädagogen jedenfalls meinten, wir
hatten die Idealvorstellung von Schultheater verwirklicht. Die Anerkennung und das Lob aller
Akteure aus Bremen, Braunschweig, Hildesheim und Hannover ließ unser Selbstwertgefühl weiter
steigen, wenn
auch Herr Blaes in Bescheidenheit dagegen anzukämpfen versuchte: So
begleitete doch neben der tiefen Erschöpfung ein ebenso tiefes Zufriedenheitsgefühl unsere
Heimfahrt.
Andreas Schwitzke
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